Immer mehr, immer größere Anlagen. Nach den Vorstellungen der Bundesregierung soll es künftig an sehr vielen Orten Deutschlands so aussehen wie in Struth/Thüringen.
Doch lohnen sich die Opfer, die Mensch und Natur abverlangt werden?

Gastbeitrag: Soll so unsere zukünftige Stromversorgung aussehen?

Seit dem 28.11.2022 haben wir in mehreren europäischen Ländern, darunter Deutschland, eine anhaltende Dunkelflaute. Kaum Wind, kaum Sonne, über mehr als zwei Wochen hinweg. Um einen Blackout zu verhindern, laufen die Kohlekraftwerke auf Hochtouren, dazu wird in großen Mengen knappes und teures Erdgas verstromt. Die drei verbliebenen deutschen Kernkraftwerke liefern phasenweise mehr Strom als ALLE Wind- und PV-Anlagen zusammen.

Diplom-Ingenieur Willy Fritz hat die aktuelle Dunkelflaute zum Anlass genommen, eine fundierte und kompakte Analyse mit dem Titel „Soll so unsere zukünftige Stromversorgung aussehen?“ (Stand 08.12.2022) zu erstellen. Die darin zusammengefassten Fakten belegen schonungslos die offensichtlichen Mängel in der gegenwärtigen Stromversorgung von Baden-Württemberg und offenbaren die Absurdität dessen, was als Energiewende bezeichnet wird.

Mit freundlicher Genehmigung von Willy Fritz dürfen wir seine Analyse auf unserer Website veröffentlichen. Beim Klicken auf die unten hinterlegte grüne Schaltfläche öffnet sich der gesamte Text als PDF.

 

Soll so unsere zukünftige Stromversorgung aussehen?

Seit dem 28.11.2022 herrscht in Baden-Württemberg eine durchgängige, inzwischen mehr als 10-tägige waschechte Dunkelflaute. Aufgrund des naturgegebenen tiefen Sonnenstandes sowie ständiger dichter Bewölkung ist die Fotovoltaik weitgehend ausgefallen, ebenso schwächelt der Wind aufgrund nur geringer Luftdruckgegensätze. Nachfolgend sind die Verhältnisse für den Zeitraum vom 28.11.2022 bis 07.12.2022 dargestellt.

Es handelt sich um Originaldaten von TransnetBW, also keine Schätzungen, Annahmen oder Hochrechnungen. Das Einzige was zuverlässig liefert, sind Biomasse und Wasserkraft. Beide sind aber vom Umfang her eher gering und nicht mehr weiter ausbaubar. Die Anteile der ach so großen Hoffnungen der Energiewende, Wind und Sonne, sind vernachlässigbar. Die gesamte weiße Fläche zwischen Erzeugung und Verbrauch muss durch konventionelle Kraftwerke und Stromimport gedeckt werden.

Wie dies am 07.12.2022 In Baden-Württemberg aussah, belegt die nachfolgende Abbildung, die von TransnetBW zum Download zur Verfügung steht:

Die schwarze Kurve (Regelzonenlast) stellt den Verbrauch dar. Die vertikale Netzlast (gelbe Kurve) ist diejenige Leistung, die aus dem Übertragungsnetz entnommen wird. Die Anteile der einzelnen Energieträger gehen aus der Legende hervor. Wie man sieht, sind die dominierenden Anteile Steinkohle, Kernenergie und vor allem der Stromimport. Sonne und Wind sind gelinde gesagt unbedeutend.

Am 07.12.2022 gab es nun eine kritische Situation: Die EnBW warnte über ihre neue Smartphone App „StromGedacht“ vor möglichen Stromengpässen zwischen 14:00 Uhr und 15:00 Uhr, man solle den Gebrauch von Haushaltsgeräten vorverlegen: https://tinyurl.com/2p8kzuw4

Soll dies ein erster Schritt in Richtung Stromrationierung sein? Wie man aus obiger Abbildung auch erkennt, musste am 07.12.2022 alles ranhalten, was irgendwie Strom erzeugen konnte, selbst die sonst in BW eher bedeutungslosen Energieträger Öl und Gas. Ebenso die Pumpspeicherwerke, die über Nacht mit Importstrom aufgeladen wurden. (Die Behauptung, die Pumpspeicherwerke würden mit überschüssigem Ökostrom aufgeladen, ist eine gern verbreitete Mär). Unter diesem importierten Strom befindet sich auch schon mal Atomstrom aus Frankreich, der auf dem Umweg über die Pumpspeicherwerke im Schwarzwald in reinsten Ökostrom verwandelt wird. Auffallend aber der insgesamt enorme Importanteil. Demgegenüber könnte man auf das bisschen Windstrom im Lande glatt verzichten.

Nun soll das ja alles durch einen beschleunigten Ausbau von Windkraft und Fotovoltaik behoben werden. Hierzu gab es vor kurzem in den Medien die Aussage von MP Kretschmann „Es würde an ein Wunder Grenzen, wenn wir es schaffen bis 2026 1.000 Windräder zu errichten“. Dies würde etwa eine Verdreifachung der gegenwärtig installierten Leistung bedeuten. Die Fotovoltaik-Kapazität soll verdoppelt werden. Wie eine solche Vervielfachung der Kapazitäten während der o.g. Dunkelflaute ausgesehen hätte, ist nachfolgend mal simuliert:

Hier erkennt man, dass selbst eine solche Erhöhung der Erzeugerkapazität von Wind und Sonne die Probleme in keinster Weise beheben würden. Nach Wegfall der Kernenergie (April 2023) und dem Kohleausstieg bis 2030 müsste die grünlich eingefärbte Energiemenge aus einem Speicher entnommen oder irgendwie importiert werden. Die betreffende Energiemenge lässt sich leicht numerisch integrieren (Excel sei Dank), ist allerdings mit 1,758 TWh (1,758 Milliarden kWh) dermaßen enorm, dass sie jede denkbare Speichermöglichkeit bei weitem übersteigt.

So hat beispielsweise der Bodensee einen Wasserinhalt von 50 km³ oder 50 Milliarden m³ (1 m³ Wasser hat eine Masse von 1.000 kg). Würde man diese Wassermenge 10 Meter hoch pumpen, hätte man eine Energiemenge von 50.000 * 9,81 * 10 * 109 Ws (Wattsekunden) oder rund 50 * 1014 kWs (Kilowattsekunden) gespeichert. Dies ergibt schließlich 50.000/3.600 * 108 oder rund 14 * 108 kWh. Dies wären schließlich 1,4 TWh. Um also die o.g. Menge von 1,758 TWh zu speichern, müsste man den kompletten Bodensee 12 Meter hoch pumpen! Das ist schlichtweg unmöglich.

Mit Batteriespeichern wäre es noch aussichtsloser. Die größte bisher geplante Großbatterie ist der sogenannte Netzbooster in Kupferzell, der Netzschwankungen ausgleichen soll. Diese Großbatterie soll eine Kapazität von 250 MWh haben und ca. 190 Mio. Euro kosten. Von der Ausdehnung her wäre es eine große Container-Siedlung. Davon bräuchte man rund 7.000 mit Gesamtkosten von 1,33 Billionen Euro. Das ist nicht finanzierbar. Zu ähnlichen Ergebnissen kommt auch Prof. Dr. Gerd Ganteför in einer Ergänzung zu seiner im SS 2021 an der Universität Konstanz gehaltenen Physik-Vorlesung:

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Nämlich, dass dies alles der schieren Menge wegen nicht realisierbar sei. Neben der enormen Speicher-Kapazität kommt noch hinzu, dass die zu speichernde Energiemenge auch vorher so quasi nebenbei erzeugt werden muss. Wie das gehen soll, hat bisher auch noch niemand erklärt. Wie man ebenfalls erkennen kann, muss durchgehend eine erhebliche Leistung abgegeben werden, nicht nur hin und wieder stundenweise, wie in den üblichen Szenarien immer angenommen wird.

 

Fazit:

  • Es ist sehr vielsagend, wenn sich der Netzbetreiber TransnetBW genötigt sieht, die Smartphone App „StromGedacht“ herauszubringen, in welcher die Verbraucher angehalten werden, ihren Stromverbrauch nach dem Angebot zu richten.
  • Die hier erwähnte und beschriebene Dunkelflaute lässt für den kommenden Winter das Schlimmste befürchten. Trübe, windstille Tage können in den Wintermonaten häufig auftreten.
  • Die gegenwärtige Stromversorgung in Baden-Württemberg ist nicht in der Lage, den Bedarf nur annähernd zu decken und ist in erheblichem Maße auf Importe angewiesen.
  • Dennoch wurde bedenkenlos Ende 2019 das Kernkraftwerk Philippsburg mit seinen 2 Blöcken und einer Gesamtleistung von ca. 2.400 MW vom Netz genommen. Dessen (emissionsfreie) Leistung fehlt gegenwärtig an allen Ecken und Enden.
  • Ebenso ist nicht in Ansätzen erkennbar, wie das Kernkraftwerk Neckarwestheim ab April 2023 durch „Erneuerbare“ ersetzt werden könnte.
  • Völlig undenkbar erscheint der Ersatz der Kohlekraftwerke bis 2030, wie hier eindeutig nachgewiesen wurde.
  • Hierzu wäre von Seiten der Entscheidungsträger eine klare Stellungnahme mit konkreten Bezügen zu den hier erwähnten Fakten zu erwarten. Stattdessen kommen immer nur beschwichtigende Worthülsen ohne irgend einen Bezug zur realen Situation.
  • All dies hat mit dem Ukraine-Krieg nichts zu tun, sondern die eklatanten Geburtsfehler der Energiewende wie die nicht vorhandene Speichertechnik treten immer offener zu Tage.
  • Die Lokalpresse wäre eigentlich ebenfalls in der Pflicht, die hier dargestellten Probleme mal wertfrei aufzugreifen.

 

Dipl.-Ing. Willy Fritz am 08.12.2022

 

Über den Verfasser: Jahrgang 1949, hat Willy Fritz an der Universität Stuttgart Luft- und Raumfahrttechnik studiert, mit u.a. den Studienschwerpunkten Aerodynamik, Gasdynamik, numerische Strömungsmechanik, Thermodynamik, Reaktionskinetik, Stofftransport und Verbrennung, numerische Methoden; Diplomarbeit auf dem Gebiet der Gebäudeaerodynamik (Abschluss Diplom-Ingenieur). Während seiner 40jährigen Berufstätigkeit arbeitete er 30 Jahre lang in der deutschen Luft- und Raumfahrtindustrie auf dem Gebiet der numerischen Strömungssimulation. Dabei erwarb er sich im Rahmen nationaler und internationaler Verbundprojekte umfassende Kenntnisse sowohl in der Entwicklung als auch in der Anwendung von hochwertigen numerischen Rechenmethoden zur Behandlung von hochturbulenten Strömungen um Luftfahrzeuge im Hochanstellwinkel Bereich (manövrierende Kampfflugzeuge, Wiedereintrittsprobleme, ZweiPhasen-Strömungen mit Verbrennung in Triebwerken) als auch Strömungen im Niedergeschwindigkeitsbereich wie Landekonfigurationen mit Klappenausschlägen und ausgefahrenen Fahrwerken. Insbesondere war er an der Entwicklung von Turbulenzmodellen für Navier-Stokes Methoden, wie sie auch im Windatlas verwendet werden, beteiligt. Er war Senior Mitglied beim AIAA (American Institute for Aeronautics and Astronautics) und dort im Panel Applied Aerodynamics mehrere Jahre als Chairman für die Organisation internationaler Konferenzen mit zuständig. Unter anderem für das Reviewing von Konferenzpapieren aus aller Welt. Er hat zu verschiedenen Windkraftprojekten Wirtschaftlichkeitsanalysen erstellt.