Video-Vorlesung von Prof. Dr. Gerd Ganteför: So viel Rohstoffe braucht die Energiewende

Prof. Dr. Gerd Ganteför ist seit 1997 Physik-Professor an der Universität Konstanz. Neben seiner umfangreichen wissenschaftlichen Arbeit hat er sich mit erfolgreichen YouTube-Videos einen Namen gemacht, in denen er auf anschauliche Weise unter anderem die Themen Energie und Klima beleuchtet.

In seiner neuesten Video-Vorlesung widmet sich Prof. Dr. Gerd Ganteför dem Thema „So viel Rohstoffe braucht die Energiewende“.

Wir empfehlen dieses Video und verlinken es Ihnen hier an dieser Stelle.

 

Die Zusammenfassung

  • ­Es gibt diverse Probleme bei der Beschaffung der für eine globale Energiewende benötigten Rohstoffe.
  • Grund ist der enorme Materialbedarf beim Ersatz konventioneller Technologien durch CO2-freie Technologien.
  • Es wird zu Versorgungsengpässen und Preisanstiegen oder Preisexplosionen kommen.
  • Das globale Ziel Netto-Null bis 2050 ist eine große Herausforderung.

Wenn solche Preisexplosionen – wie von der Internationalen Energieagentur aufgezeigt – eintreten, dann wird es global für all diejenigen, die sich das nicht leisten können, sehr schwierig, insbesondere sozial schwierig.

 

Die Motivation des Titels entstand durch einem Vortrag von Mark Mills, ein Energie-Experte und Senior Mitarbeiter des Thinktanks Manhattan Institute mit der sinngemäßen Überschrift: „Ernüchterung der Energiewende durch Knappheit der weltweiten Rohstoffe“.

Mills stellt fest: Elektroautos kaufen sich Menschen in reichen Ländern, wie Norwegen (ca. 50% der Neuzulassungen), Island (ca. 20%) und Schweden (ca. 8%) – Stand 2018.

Prof. Ganteför meint, Norwegen ist am weitesten mit der Energiewende, ein besonders „grünes Land“. Mark Mills ist der Meinung, dass wir nicht alle wie Norwegen werden wollen, da Norwegen ab 2021 seine Fördermengen deutlich gesteigert hat, um die eigene Energiewende durch Exporte von Rohöl und Erdgas zu finanzieren.

Um den Bedarf der Rohstoffe für die Energiewende zu decken muss laut Mark Mills die Fördermenge im Jahr 2020 um das 42-fache bei Lithium, 25-fache bei Graphit, 21-fache bei Kobalt, 19-fache bei Nickel und 7-fache bei Seltenen Erden gesteigert werden.

Dies soll nun im weiteren Video wissenschaftlich belegt werden.

Aus der McKinsey Studie 2022 „The raw-materials challenge: How the metals and mining sector will be at the core of enabling the energie transition“ berichtet Prof. Ganteför:
Die Lieferung der notwendigen Materialen für all die Windanlagen, Solarzellen, Elektroautos und die zugehörige Infrastruktur usw. ist der Flaschenhals der Energiewende.

Hier die Materialien, die für die verschiedenen Energieerzeuger benötigt werden:

Auffällig dabei ist, dass wir bei Wind, PV und E-Mobility eine Häufung der Rohstoffmengen sehen. Mit „Grid“ ist übrigens der Netzausbau gemeint.

Aus der Studie der Internationalen Energieagentur 2022 „The Role of Critical Minerals in Clean Energy Transitions“ wird berichtet:

Hier der Vergleich der besonderen und teuren Metalle beim Bau eines Elektroautos im Vergleich eines Verbrenners: Ein E-Auto benötigt ca. 6 Mal so viele kritische Metalle als ein Verbrenner.

Der Materialaufwand (in Kg je Megawatt installierte Leistung) für Energieerzeugung sieht so aus:

Hier ist der Offshore-Windpark mit den höchsten Materialaufwendungen. Anmerkung aus Statista: 2023 haben küstenferne Offshore-Windanlagen bis zu 4.500 Volllaststunden pro Jahr und im Binnenland installierte Onshore-Windanlagen ca. 1.800 Volllaststunden pro Jahr.

Im Wesentlichen zeigt das Bild auf, dass Erneuerbare Energien deutlich mehr Rohstoffe benötigen als Gas und Kohle.

Auch die Studie der Internationalen Energieagentur 2022 kommt zu dem Schluss, dass die Zunahme z.B. von Lithium bis 2040 in Bezug auf 2020 um das 42-fache steigen muss.

Das bedeutet, es müssen weltweit mehr Rohstofflager erschlossen werden. Wir benötigen mehr Minen, Bergbau, usw. Die Internationale Energieagentur weist zudem auf weitere Probleme hin:

Wenige Länder dominieren die Produktion: Bei Verarbeitungsbetrieben hat China auf breiter Front eine starke Präsenz.
Die Chinesen haben sich schon frühzeitig um diese Rohstoffproblem gekümmert und viele Bergwerk- und Verarbeitungs-Betriebe weltweit gekauft.

Lange Vorlaufzeiten für Bergbauprojekte: Es dauert durchschnittlich 16,5 Jahre, um Bergbauprojekte von der Projektierung zur ersten Produktion zu bringen.

Reduzierte Erzqualität: In den letzten Jahren ist die Erzqualität bei einer Reihe von Rohstoffen weiter gesunken. Das bedeutet, dass immer mehr Gestein abgebaut und verarbeitet werden muss, um die gleiche Menge an Rohstoff zu erhalten. Das bedeutet, es wird immer teurer.

Zunehmende Bedenken hinsichtlich Umwelt und sozialen Faktoren: Verbraucher und Investoren fordern zunehmend, dass Unternehmen Mineralien beziehen, die nachhaltig und verantwortungsvoll produziert werden. Das verzögert die Genehmigungsverfahren und macht die Rohstoffe nochmals teurer.

Höhere Klimarisiken für die Minen: Bergbauanlagen sind wachsenden Klimarisiken ausgesetzt. Ein Problem ist z.B. der Wasserbedarf oder mögliche Verschmutzung des Grundwassers, usw.

Wenn man den Bergbau in der Welt in den verbleibenden 27 Jahren bis 2050 ver-x-fachen möchte, dann ist das eine große Herausforderung.

Ein weiterer Bericht ist der OECD-Report vom April 2023: „Raw materials critical for the green transition: Production, International Trade and Export Restrictions“.

Hier wird der Anteil eines Landes an der globalen Produktion betrachtet: Bei den Edelmetallen (Platin, Gold usw.) ist Südafrika mit 90 % klar dominierend. China ist in mehreren Materialen sehr dominant vorhanden, allem voran bei Magnesium mit 90 % der weltweiten Förderung. Lithium kommt hauptsächlich 80 % aus Australien.

Das ist ein großes Problem, da es keine vernünftige Konkurrenz gibt und dadurch die Preise weiter teurer werden.

Desweiteren gibt es immer weitere Exportbeschränkungen. Die Anzahl der Exportbeschränkungen hat sich seit 2009 von ca. 3.000 Exportbeschränkungen bis 2020 auf über 18.000 erhöht.

Wir haben eine Rückkehr von der globalen Weltwirtschaft (Globalisierung) zu einem Denken, dass jeder für sich selbst arbeitet. Das macht die Energiewende mit diesem gewaltigen Rohstoffbedarf noch schwieriger, als sie ohnehin schon ist.

 

Fazit:

  • Es gibt diverse Probleme bei der Beschaffung der für eine globale Energiewende benötigten Rohstoffe.
  • Grund ist der enorme Materialbedarf beim Ersatz konventioneller Technologien durch CO2-freie Technologien.
  • Es wird zu Versorgungsengpässen und Preisanstiegen oder Preisexplosionen kommen.
  • Das globale Ziel Netto-Null bis 2050 ist eine große Herausforderung.

 

Wenn solche Preisexplosionen – wie von der Internationalen Energieagentur aufgezeigt – eintreten, dann wird es global für all diejenigen, die sich das nicht leisten können, sehr schwierig, insbesondere sozial schwierig.